Ein professor hat mich am anfang meines studiums überhaupt mal darauf gebracht, er schreibt seit jahren seine folien durchgehend in kleinschreibung. In einem typgrafiebuch habe ich vor kurzem gelesen, dass dies in den 20er jahren schon gefordert wurde. Dadurch wurde mein interesse geweckt, schreibe ich in nicht offiziellen e‑mails doch schon seit längerem aus geschwindigkeitsgründen alles klein, wie im internet oft üblich.
Wie in diesem text zu sehen ist, werden bei der gemäßigten kleinschreibung satzanfänge immer noch großgeschrieben, genauso wie eigennamen, werktitel, anrede und dergleichen. So wie im englischen, oder vielen anderen sprachen. Eigentlich (fast) allen sprachen mit lateinischem alphabet, außer dem deutschem wird gerademal im luxemburgerischen und vereinzelten kleinen regionen die großschreibung praktiziert.
Auch für die deutsche sprache wurde es schon oft vorgeschlagen, zuletzt bei der »neuen« rechtschreibung, doch nie ist etwas an die öffentlichkeit gekommen.
Was spricht für die kleinschreibung:
- einfachere erlernung und weniger regeln, jetzt werden substantive manchmal auch klein geschrieben oder adjektive groß geschrieben, was beim erlernen der deutschen sprache schwierigkeiten bereitet und von den wenigsten korrekt verwendet wird
- schnelleres schreiben, immerhin muss die shift-taste seltener gedrückt werden
- ruhigeres schriftbild, was typografen bisher immer ein dorn im auge war
Was spricht dagegen:
- eine neue rechtschreibreform mit damit eingehenden problemen bei der umstellung
Es gibt eine studie, die immer wieder in dem zusammenhang genannt wird, auch im entsprechenden wikipedia-artikel. Dabei kam heraus, dass bei durchgehender kleinschreibung die lesegeschwindigkeit geringer ist. In der zugehörigen diskussionsseite bei wikipedia ist aber von einer mehr als 50%igen abbruchrate der teilnehmer zu lesen, und dass sogar einer der durchführenden das ganze als unwissenschaftlich kritisiert hat. Eine neue studie wäre interessant.
Immerhin ist dieser eben geschriebene text ja nicht so schwer zu lesen gewesen, oder? Außerdem würde dann noch die gewohnheit dazukommen, und wenn man sich daran gewöhnt hat würde man es zu schätzen wissen, den text weniger zerplückt zu haben.